Kammgarn
Als Grundstoff für Kammgarn nimmt man langfaserige bzw.
langstapelige Wolle oder auch Chemiefaser, die man auch als gesponnenes Garn
bezeichnet, mit glatter Oberfläche. Bei der Herstellung kämmt man die Rohwolle
beziehungsweise die Fasern, um dabei kurze Faserstücke und sonstige
Verunreinigungen aus Noppen, pflanzlichen Rückständen und Nissen aus dem
Vormaterial zu entfernen. Diese Rückstände werden in der Fachsprache als
Kämmling bezeichnet. Durch diese Art der Bearbeitung erreicht man, dass mit dem
Kammgarn ein „ausgekämmtes“ und daher sehr hochwertiges Garn entsteht. Das
Auskämmen ist nicht ein einmaliger Vorgang. Man streckt dieses Garn mehrfach vor
und verzieht es. Durch Nachkämmen und Mischen verteilt man die Fasern
gleichmäßig und erreicht eine parallele Ausrichtung. Danach wird dieses
Rohmaterial mit dafür speziell hergerichteten Spinnmaschinen verarbeitet und
erhält dabei seine Spinndrehungen. Soweit es erforderlich ist, werden in einem
weiteren Prozessschritt die Zwirndrehungen hinzugefügt. Die Kammgarnspinnereien
verwenden überwiegend Wolle und langstielige Chemiefasern. Als Naturmaterialien
werden dabei Wolle, Seide und Tierhaare verwendet. Bei den Chemiefasern kommen
die Kunststoffe Polyacryl, Polyester, Polycolon, Polyamid,Viskose und Aramid zum
Einsatz. Als mittlere Stapellänge verwendet man Fasern bis zu einer Länge von 65
Millimetern. Überwiegend werden jedoch Fasern mit einer Länge von 80 Millimetern
verarbeitet.
Wie schon einleitend erläutert, findet man Kammgarn insbesondere bei
hochwertiger Oberbekleidung, also bei Anzügen sowie bei Webware und Strickware.
Daneben wird Kammgarn auch bei Strumpfartikeln verwendet.
Funktionstextilien wie Sportbekleidung und Heimtextilien werden insbesondere im
hochwertigen Bereich in zunehmendem Maß aus Kammgarn hergestellt.
Der Herstellung von Kammgarn sehr ähnlich sind die Spinnverfahren für
Halbkammgarn und Streichgarn.
Die Geschichte des Kammgarns ist eng mit der Geschichte der Spinnereiarbeiter
verbunden. Die Arbeits- und Lebensbedingungen der Fabrikarbeiter zu Beginn des
19. Jahrhunderts gaben Veranlassung, über die soziale Frage nachzudenken und
entsprechende Lösungsansätze zu entwickeln, die in der Schaffung von
Sozialversicherungen mit paritätischer Finanzierung endeten.