Spitze
Die Geschichte der Spitze
Die ersten Nadelspitzen kennt man aus dem Norditalien des 15. Jahrhunderts, sie
nannten sich Reticella und verbreiteten sich bis zum 17. Jahrhundert. Hochburgen
der Technik waren Mailand und Venedig, die Spitzen wurden als Kragen und
Ärmelmanschetten getragen, was auf zeitgenössischen Gemälden stets dargestellt
wird. Sie galten als exquisites Statussymbol, da ihre aufwendige Herstellung
sehr teuer war. Beim französischen Adel waren sie so beliebt, dass Ludwig XIV.
(1638 - 1715) in Frankreich die Spitzenherstellung fördern ließ. Um 1700
entwickelte sich die Klöppeltechnik und löste die Nadelspitze ab. Gleichzeitig
veränderte sich die Art der Spitzen in Richtung Tüllgrund, der preiswerter war
und nun auch den Bürgern das Tragen von Spitze erlaubte. Bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts entwickelte sich die Häkeltechnik, ab dem Beginn des 20.
Jahrhunderts hielten die Maschinen Einzug, sodass die traditionellen Techniken
weitgehend verloren gingen.
Einsatz von Spitze
Traditionell waren Randverzierungen der Kleidung aus Spitze, daneben gab es schon immer entre-deux-Spitzen, die zwischen zwei Stoffstücken eingesetzt wurden, und seit dem Ende des 19. Jahrhunderts heute weit verbreitete Dekorationen wie Tischdecken, Fensterdekos, Macramé oder Florentiner. Im textilen Bereich findet man Spitze bei Dessous, Brautkleidern, Trachten und exklusiver Damenoberbekleidung. Auch Gardinen sowie liturgische Gewänder enthalten gern Spitze. Im deutschsprachigen Raum gibt es zwei Zentren mit großer Tradition für die Herstellung von Spitze: Plauen im Vogtland und St. Gallen in der Schweiz.
Moderne Arten von Spitze
Spitze wird heute ausschließlich maschinell hergestellt, das Klöppeln wird nur noch sehr vereinzelt in Vereinen gepflegt. Die Muster der historischen Nadelspitze werden in der heutigen Häkelspitze nachgeahmt, aus historischen Gründen ist die irische Häkelspitze sehr bekannt (Irische Guipüre). Bei der Csetneker Spitze aus Ungarn werden bestimmte Teile gesondert gehäkelt. Handgearbeitete Tüllspitze entsteht durch eine Stickerei auf Tüll; auch diese Technik wird maschinell umgesetzt, kann aber als Hobby auch per Hand betrieben werden. Bei der Klöppelspitze, der um Plauen verbreiteten Variante, werden Fäden in bestimmten Mustern verdreht oder verkreuzt, wobei es national verschiedene Techniken gibt. In Deutschland verwendet man rollenförmige, in Belgien und Frankreich flache Klöppelkissen. Eine Musterzeichnung, der Klöppelbrief, wird auf dem Klöppelkissen festgesteckt, danach wird geklöppelt. Diese Technik wird noch von Hand gepflegt, in Deutschland im Erzgebirge. Maschinell werden nach wie vor die historischen Nadelspitzen hergestellt, ebenso Strick- und Luftspitzen sowie Occhi (Augen).