Nesseltuch
Rohstoff: Brennnessel:
Die Stängel der Großen Brennnessel, vor allem derjenigen Pflanzen, die schon
länger auf dem gleichen Boden stehen, haben sehr feste und lange Bastfasern.
Hieraus hat man schon in den früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden
Nesselfäden und Nesselgarn gewonnen und daraus Stoffe hergestellt. Unter
Zuhilfenahme von Birkenpech befestigte man damit Pfeilspitzen ab Pfeilschäften
und brachte auch die Befiederung an, die für eine Stabilisierung des
Flugverhaltens der Pfeile sorgen sollten.
Diese festen Fasern eigen sich gut zur Herstellung von festen Stoffen wie
beispielsweise dem Nesseltuch. Dieses ist deutlich fester als Leinen und kann
deshalb für Stricke und Fischernetze verwendet werden, bei denen besonders
reißfeste Fasern benötigt werden. Ehe die Baumwolle nach Europa gelangt ist,
bestand 1723 noch eine Nesselmanufaktur in Leipzig.
Neben der sehr Reißfestigkeit der Brennnesselfaser zeichnet sich diese auch noch
durch die Fähigkeit zu einer extrem hohen Feuchtigkeitsaufnahme aus. Sie besitzt
eine der Baumwolle ähnliche Bauschfähigkeit und besitzt edlen Glanz.
Neue Entwicklungen seit Anfang der 90-iger des letzten Jahrhunderts
Seit Anfang der 90-iger Jahre des letzten Jahrhunderts kam es zu einem
Wiedererwachen und Wiederbeleben des Interesses an den heimischen Faserpflanzen.
Nachdem der Boom von Leinen erstmals etwas abebbte, begann man in Deutschland
wieder Hanf anzubauen, um daraus Fasern zu gewinnen. Zwischenzeitlich richtet
sich der Blick der Forschung auch wieder auf die Fasernessel.
Am 15. 6. 2009 wurde über den vermutlich einzigen deutschen Hersteller von
echtem Nesseltuch mit einer Weberei in Schönau im Schwarzwald das
Insolvenzverfahren eröffnet. Für dieses Unternehmen wurden auf einer Anbaufläche
von 225 Hektar 2007 reines Nesselstroh in einer Menge von 200 t gewonnen. Dies
entspricht einem Volumen von 2 000 Kubikmetern gepresstem Nesselstroh
beziehungsweise 1 000 Großballen. Der daraus gewonnene Stoff besteht jedoch nur
zu 10 % bis 40 % aus Brennnesselfasern. Baumwollfasern stellen den restlichen
Bestandteil des Stoffes.
Nesselstoff im Handel
Cretonne:
Gehandelt werden üblicherweise drei verschiedene Qualitätsstufen der
Baumwollnessel.
Es handelt sich dabei um ungefärbte und ungebleichte Rohnessel ohne Ausrüsten.
Es gibt sie aber auch als gebleichte Nessel.
Die einfachste und gröbste Form hat durchschnittlich 24 Fäden pro Zentimeter und
trägt die Bezeichnung Cretonne. Dieser Stoff ist ein gröberes Gewebe mit
stumpfer Optik. Hinzu kommt noch ein recht harter Griff, sodass dieses Material
gerne als Druckgrundware eingesetzt wird. Es wird auch ohne Aufdruck oder
bedruckt als Möbelbezugsstoff und für schwere Vorhänge eingesetzt.
Renforce:
Durchschnittlich 27 Fäden je Zentimeter weist die mittlere Qualität auf, die als
Renforce im Handel erhältlich ist.
Kattun:
Die feinste Qualität mit ungefähr 29 Fäden pro Zentimeter wird im Handel unter
der Bezeichnung Kattun geführt.